Mit rund 3 Millionen Einwohnern ist Bursa die viertgrößte Stadt der Türkei. Sie liegt etwa 90 Kilometer südlich von Istanbul am Rande des Uludağ-Gebirges. Die von grünen Bergen umgebene Stadt ist bekannt für schwefelhaltige Mineralquellen, gilt jedoch auch als wichtiger Industriestandort mit Betrieben der Automobil- und Maschinenbauindustrie sowie Textilherstellung und Lebensmittelproduktion. Weithin bekannt sind die hier hergestellte Limonade Uludağ sowie der hier erfundene Iskender Kebap.
Bursa ist noch nicht an das türkische Eisenbahnnetz angebunden. Eine Hochgeschwindigkeitsstrecke nach Osmaneli an der Strecke Istanbul – Ankara befindet sich jedoch in Bau. Von 1871 bis 1948 hatte es eine Schmalspurbahn von Mudanaya nach Bursa gegeben, die keine Verbindung zum restlichen Eisenbahnnetz hatte.
Innerstädtisch gibt es heute drei voneinander unabhängige Bahnsysteme: die normalspurige, mit 1,5 kV Oberleitung elektrifizierte U-Bahn Bursaray, eine meterspurige historische Straßenbahnlinie und eine moderne normalspurige Straßenbahn mit zwei Linien. Betreiber aller drei Bahnsysteme ist das kommunale Unternehmen Burulaş. Der Name ist eine Abkürzung für „Bursa Ulaşım“, was „Bursa-Verkehr“ bedeutet. Im ersten Teil wird zunächst die 2002 eröffnete U-Bahn Bursaray vorgestellt, die in vielerlei Hinsicht an deutsche Stadtbahnsysteme erinnert.
Bursaray: U-Bahn-Netz mit zwei Linien
Der Name Bursaray setzt sich zusammen aus dem Namen der Stadt und „ray“, dem türkischen Wort für Schiene. Das Netz besteht aus zwei Linien, die sich im Osten der Stadt eine Stammstrecke teilen und sich im Westen in zwei Äste verzweigen. In der Innenstadt verläuft die Stammstrecke unterirdisch, außerhalb befindet sich die Trasse meist auf dem Mittelstreifen mehrspuriger Straßen. Zudem gibt es einzelne als Hochbahn trassierte Abschnitte. Es gibt keine niveaugleichen Kreuzungen mit anderen Verkehrsmitteln, womit es sich um eine echte U-Bahn handelt. Die Einstiegshöhe liegt bei 1000 mm, die Bahnsteige sind 120 m lang und meist als Mittelbahnsteige ausgeführt. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit beträgt 70 km/h; als Zugsicherungssystem wird PZB-222 des deutschen Herstellers BBR verwendet.
Auf dem offiziellen Netzplan des Betreibers Burulas ist die jüngste Verlängerung die Linie M1 von der bisherigen Endstation Emek zur Station Geçit/Balat noch nicht verzeichnet. Die modernen Tramlinien sind rot und blau, die Nostalgielinie gelb eingezeichnet.
Baubeginn war 1998; im Jahr 2002 wurde die erste Phase in Betrieb genommen. Diese umfasste die Linien M1 Organize Sanayi – Şehreküstü/Ulucami Hanlar Bölgesi mit zwölf Stationen und M2 Küçük Sanayi – Şehreküstü/Ulucami Hanlar Bölgesi mit 13 Stationen, wobei jeweils sieben Stationen auf die gemeinsame Stammstrecke im Abschnitt Bursaspor/Acemler – Şehreküstü/Ulucami Hanlar Bölgesi entfielen. Nach mehreren Erweiterungen führt die Linie M1 heute von der Station Geçit/Balat im Nordwesten bis zur Station Arabayatağı/Yavuz Selim im Osten und zählt 21 Stationen. Die Linie M2 führt von der Station Uludağ Üniversitesi im Westen zur Station Kestel im Osten und bedient dabei 32 Stationen. Auf den gemeinsamen Abschnitt Bursaspor/Acemler – Arabayatağı/Yavuz Selim entfallen 13 Stationen. Das Netz misst heute rund 40 km. In der Innenstadt befinden sich vier unterirdische Stationen, Merinos, Ozmagazi, Şehreküstü/Ulucami Hanlar Bölgesi und Demirtaşpaşa/Abdal; zudem sind vier weitere in den Außenbezirken unterirdisch angelegt.
Die Bursaray-Fahrzeuge
Siemens B80
Aufgrund der Ausstattung mit Oberleitung kommen bei der U-Bahn Bursaray typische Stadtbahnwagen zum Einsatz. Lediglich die Spannung beträgt 1500 V gegenüber den bei Stadtbahnen üblichen 750 V. Zuerst schaffte der Betrieb 48 B-Wagen von Siemens (B80) an, wie sie Duewag in ähnlicher Form bereits an zahlreiche Stadtbahnbetriebe in Deutschland geliefert hatte. Sie entsanden im Werk Krefeld und gehören zu den letzten Exemplaren dieses legendären Fahrzeugtyps, die gebaut wurden.
Eine Vierfachtraktion Stadtbahnwagen der Reihe Siemens B80 am 14. Juli 2024 an der Haltestelle Kültürpark, geführt von Wagen 045 (B80, Siemens).
Bombardier B2010
Es folgten 30 Bombardier Flexity (B2010), welche den U5-Wagen der U-Bahn Frankfurt ähneln. Sie entstanden wie diese im Werk Bautzen.
Eine Vierfachtraktion mit Wagen 114 (B2010, Bombardier) an der Spitze erreicht am 14. Juli 2024 die Haltestelle Emek.
Nach weiteren Netzausbauten schaffte die Betreibergesellschaft zur Deckung des Mehrbedarfs im Jahr 2012 44 gebrauchten Wagen der Reihe SG2 der Metro Rotterdam an. Diese waren zwischen 1980 und 1984 von Duewag gebaut worden. Ein Teil der Fahrzeuge diente als Ersatzteilspender, 25 Stück kamen in Betrieb. Diese Reihe erwies sich als störanfällig und wurde mittlerweile abgestellt.
Durmazlar Greencity
Ab 2016 kamen Wagen des Typs Greencity des einheimischen Herstellers Durmazlar hinzu. Diese stellen mit mittlerweile 60 Stück die häufigste Baureihe in Bursa dar. Der Typ wurde eigens für die Bursaray entwickelt und kommt bislang auch nur hier zum Einsatz.
Eine von Wagen 457 (Greencity, Durmazlar) geführte Vierfachtraktion nahe der Haltestelle Arabayatağı/Yavuz Selim auf der Ankara Yolu Caddesi (15. Juli 2024).
Ursprünglich waren die B-Wagen türkis lackiert. Die älteren Haltestellen sind ebenfalls in weiß und türkis gehalten. Mit der Beschaffung der Bombardier Flexity wurde auf eine Farbgebung in hellgrün umgestellt, die auch die früheren Wagen erhielten.
Nicht sehr harmonisch wirken die alte Farbgebung auf der Sitzbank und die neue auf dem B-Wagen nebeneinander, hier an der Station Emek (14. Juli 2024).
Stadtbahnwagen in Vierfachtraktion
Beide Linien verkehren Werktags im 7/8-Minuten-Takt und sonntags alle zehn Minuten. An Wochenenden wird zudem die ganze Nacht durch ein Halbstundentakt angeboten. Die 120 m langen Bahnsteige ermöglichen Vierfachtraktionen der jeweils rund 28 m langen Fahrzeuge. Die Gesamtkapazität eines Durmazlar Greencity wird mit 288 Personen angegeben; demnach bietet eine Vierfachtraktion Platz für 1152 Fahrgäste.
Mit diesen Dimensionen wirkt die Bursaray ein wenig wie das, was den Planern der Stadtbahn Rhein-Ruhr ursprünglich vorschwebte, dann aber nie realisiert wurde. In Dortmund baute man beispielsweise ursprünglich rund 110 m lange Bahnsteige, die B-Wagen in Vierfachtraktion erlaubt hätten. Später ging man jedoch zu einer Bahnsteiglänge von 90 m über, sodass maximal Dreifachtraktionen möglich sind. Diese kommen dort allerdings nur im Sonderverkehr bei Veranstaltungen zum Einsatz.
Sämtliche Haltestellen verfügen über Zugangssperren, an denen Fahrgäste entweder mit Kreditkarte oder mit einer aufladbaren Bezahlkarte, der Bursakart, bezahlen können. Eine Fahrt kostet 20 TL (0,54 €). Für Pendler gibt es ermäßigte Mehrfahrtentarife.
Die Linie M1 im Nordwesten
Der jüngste Streckenabschnitt der Bursaray befindet sich im Nordwesten zwischen der bisherigen Endhaltestelle Emek und der neuen Station Geçit/Balat. Er ging am 28. März 2024 in Betrieb und wurde im Juli noch isoliert vom Restnetz betrieben, vermutlich weil die Zugsicherung noch nicht in Betrieb war.
An der Haltestelle Emek weist ein Aufsteller auf das Provisorium hin, dass Fahrgäste in Richtung Geçit/Balat umsteigen müssen (14. Juli 2024).
Die Züge aus Richtung Zentrum wendeten an der Station Emek auf dem stadtauswärts rechten Gleis, während eine Doppeltraktion Greencity auf dem linken Gleis zwischen Emek und Geçit/Balat pendelte. Am 17. August wurde der Neubauabschnitt für abschließende Arbeiten noch einmal außer Betrieb genommen. Am 14. Oktober wurde schließlich der reguläre Verkehr aufgenommen.
Eine Doppeltraktion geführt von Wagen 426 (Greencity, Durmazlar) erreicht die derzeitige Endstation Geçit/Balat (14. Juli 2024).
Die Station Geçit/Balat selbst war im Sommer 2024 auch noch teilweise eine Baustelle. Die Strecke wird zukünftig weiter über den in Bau befindlichen Fernbahnhof bis zum Krankenhaus Şehir Hastanesi führen. Auch hier laufen bereits die Bauarbeiten.
Wagen 003 (B80, Siemens) hat auf dem Weg nach Emek gemeinsam mit drei Schwesterfahrzeugen die Haltestelle İhsaniye erreicht (14. Juli 2024).
Von der Station Emek bis zur Verzweigung der beiden Äste der Linien 1 und 2 nahe der Station Bursaspor/Acemler verläuft die Strecke auf der Mitte der zur Schnellstraße ausgebauten Sanayi Caddesi.
Der Westast der Linie 2
Die Linie 2 führt von der Verzweigung nahe der Station Bursaspor/Acemler zunächst westwärts auf dem Mittelstreifen der İzmir Yolu Caddesi. Nach einigen Kilometern verlässt die Trasse die Schnellstraße und schwenkt nach Nordwesten. Es wechseln sich ebenerdig trassierte und mit Hecken oder Zäunen eingefriedete Abschnitte mit mehreren kürzeren Tunnelstrecken ab.
Am Abend des 15. Juli 2024 ist eine von Wagen 450 (Greencity, Durmazlar) geführte Vierfachtraktion unterwegs zur Universität und erreicht hier die Station Altınşehir.
Das Streckenende befindet sich weit außerhalb bei der Uludağ-Universität. Auch hier ist eine Verlängerung geplant. Sie soll über Görükle nach Kurtuluş führen.
Die älteren Stationen sind im typischen Stil der 1990er und 2000er Jahre gehalten, hier Altınşehir (15. Juli 2024).
Die gemeinsame Bursaray-Stammstrecke in der Innenstadt
Nach der unterirdischen Verzweigungsstation Bursaspor/Acemler, in deren Nähe sich auch das Depot befindet, folgen in Richtung Zentrum noch drei oberirdische Haltestellen, bevor die innenstädtische Tunnelstrecke der Bursaray beginnt.
Eine von Wagen 111 (B2010, Bombardier) geführte Vierfachtraktion erreicht auf dem Weg in Richtung Emek die Station Paşa Çiftliği. Im Hintergrund ist die Uludağ-Bergkette zu sehen (14. Juli 2024).
Die erste Tunnelstation ist Merinos, gefolgt von Osmangazi am Rand der Innenstadt. Dort besteht eine Verknüpfung mit der Haltestelle Kent Meydanı der Straßenbahnlinien T1 und T2. Unmittelbar in der City befindet sich die Station Şehreküstü/Ulucami Hanlar Bölgesi. An der folgenden Haltestelle Demirtaşpaşa/Abdal besteht ein weiteres Mal Anschluss an die Linie T1, bevor die Strecke an der Station Gökdere wieder die Oberfläche erreicht.
Die Linie M2 im Osten
An die Haltestelle schließt sich ein Viadukt an, der die Trasse in einem Bogen auf den Mittelstreifen der Ausfallstraße Ankara Yolu Caddesi führt. Dieser folgt die Trasse dann für mehr als zehn Kilometer bis zur Endstation Kestel. Beiderseits erstrecken sich dicht besiedelte Wohngebiete. Die Linie Linie M1 endet an der Station Arabayatağı/Yavuz Selim, an die sich eine Wendeanlage anschließt.
Eine von Wagen 450 (Greencity, Durmazlar) angeführte Vierfachtraktion hat auf dem Weg zur Universität gerade die Haltestelle Hacivat/Esenevler auf derAnkara Yolu Caddesi verlassen (15. Juli 2024).
Dieser Ast der Bursaray wurde in mehreren Abschnitten eröffnet. Von Şehreküstü/Ulucami Hanlar Bölgesi bis Arabayatağı/Yavuz Selim ging es ab 2008. Die Verlängerung zum heutigen Endpunkt Kestel ging 2014 in drei Etappen in Betrieb.
Wagen 007 (B80, Siemens) an der Endstation Kestel, 15. Juli 2024).
Der Endpunkt befindet sich bereits jenseits der Stadtgrenze; links der Trasse befindet sich ein Industriegebiet, rechts das Zentrum der eigenständigen Stadt Kestel.
Im nächsten Teil wird dann die Nostalgiestraßenbahn in der Altstadt von Bursa vorgestellt, auf der M-Wagen der BOGESTRA zum Einsatz kommen.