Am 3. Juni 2023 feierte die Straßenbahn in Halberstadt den 120. Geburtstag des elektrischen Betriebs. Die Halberstädter Verkehrs-GmbH (HVG) und der Freundeskreises Straßenbahn e.V. luden zu diesem Anlass zu einem Hoffest im Depot ein und boten Sonderfahrten mit historischen Wagen an.
Die Halberstädter Straßenbahn gehört zu den kleineren Betrieben in Deutschland. Dass eine Stadt mit rund 39.000 Einwohnern überhaupt ein Tramnetz besitzt, das bis heute überlebt hat, ist schon ein Glücksfall. Stilllegungsdiskussionen hat es immer wieder gegeben, doch nach einem Gemeinderatsbeschluss Ende 2022 scheint die Zukunft vorerst gesichert.
Das Netz besteht aus zwei Linien und ist weitgehend zweigleisig ausgebaut. Die Linie 1 verkehrt vom Bahnhof über die Innenstadt zum Friedhof, wo sich auch das Depot befindet. Linie 2 beginnt ebenfalls am Bahnhof und macht einen Bogen südlich um die Innenstadt. Am Holzmarkt trifft sie wieder auf die Linie 1, trennt sich jedoch bald wieder von dieser, um zum Sargstedter Weg im Nordwesten der Stadt zu führen. Das letzte Stück von der Vogtei bis zum Sargstedter Weg wurde erst 1993 eröffnet. Als Besonderheit hat die Linie 2 ganz im Süden eine eingleisige Stichstrecke in die Klus. Der Name stammt von einer mittelalterlichen Einsiedelei, die auch den nahegelegenen Klusfelsen ihren Namen gab. Die Endhaltestelle liegt mitten im Grünen und ist entsprechend bei Ausflüglern beliebt. Sie wird nur an Wochenenden angefahren und auch nur stündlich von Kursen in Richtung Bahnhof.
Eine weitere Besonderheit sind zwei Kreuzungen mit der Eisenbahnstrecke Halberstadt – Blankenburg, einer davon ist noch mit Schranken und Andreaskreuzen nach Reichsbahn-Bauart ausgestattet.
Im Regelbetrieb werden auf dem Netz fünf NGTW6-H „Leoliner“ der Leoliner Fahrzeug-Bau Leipzig GmbH (heute Heiterblick) eingesetzt. Ist eines der Fahrzeuge etwa aufgrund von Fristarbeiten nicht verfügbar, springt einer der Esslinger GT4 ein, die in den 1990er und 2000er Jahren aus Freiburg im Breisgau und Stuttgart übernommen wurden.
Am Festtag waren den ganzen Tag historische Wagen im Einsatz. Gemessen an der Größe des Betriebs ist der Bestand durchaus beachtlich. Unterwegs waren der Lindner-Wagen 31, der Rekowagen 29, Wagen 36 von LOWA, der Gotha-Wagen 30 sowie der ehemals Stuttgarter GT4 156. Der angekündigte zweite GT4, Wagen 164 aus Freiburg im Breisau, musste wegen eines Schadens leider ausfallen. Dieser trägt das für Halberstadt typische grün-schwarze Farbkleid.
Nach Abschluss der Sonderfahrten gab es noch einen Fahrzeugkorso durch die Stadt, bei dem auch der als Kinderstraßenbahn gestaltete GT4 166, ebenfalls aus Freiburg im Breisgau, zum Einsatz kam.
Die Strecke zum Depot
Wagen 29 (TZ70, Raw Berlin-Schöneweide 1970) bei der Ausfahrt aus dem Depot. Die Wagen wenden hier auch im Regelbetrieb über ein Gleisdreieck.
Ein Leoliner passiert auf der Strecke vom Friedhof in Richtung Innenstadt die romanische Kirche St. Moritz (1, NGTW6-H, Leoliner Fahrzeug-Bau Leipzig 2006).
Der Gotha-Wagen 30 ( T2-62, 1966) mit Beiwagen 61 (B2-62, 1969) vor der Fachwerkhauszeile in der Größerstraße.
Am Streckenast zum Sargstedter Weg
Obwohl die Stadt im Zweiten Weltkrieg schwer zerstört wurde, haben sich zahlreiche imposante Fachwerkhäuser erhalten, hier an der Ecke Gröper- / Dominikanerstraße (2, NGTW6-H, Leoliner Fahrzeug-Bau Leipzig 2006).
Rekowagen 29 (TZ70, Raw Berlin-Schöneweide 1970) an der Haltestelle Vogtei.
Und noch einmal Wagen 29 nahe dem Torteich.
Ein Leoliner an der Vogtei (1, NGTW6-H, Leoliner Fahrzeug-Bau Leipzig 2006).
Die Stichstrecke zur Klus
Wagen 156 (GT4, Maschinenfabrik Esslingen 1960) kam 1993 aus Stuttgart nach Halberstadt. Hier passiert er auf dem Weg zur Klus die Haltestelle Kirschallee.
Hier noch einmal Wagen 156 bei der Rückfahrt aus der Klus.
An der Herbingstraße
Ein Leoliner an der Haltestelle Herbingstraße (5, NGTW6-H, Leoliner Fahrzeug-Bau Leipzig 2006).
Der LOWA-Wagen 36 (RT53, 1956) wartet an der Herbingstraße an, bis der vorausfahrende Wagen die Strecke zur Klus geräumt hat.
Das älteste Fahrzeug im Einsatz war der 1939 bei Lindner gebaute wagen 31, hier auf dem Bahnübergang an der Westerhäuser Straße.
Abends auf dem Weg ins Depot
Betriebsschluss ist recht früh, hier ein Leoliner beim Einrücken (2, NGTW6-H, Leoliner Fahrzeug-Bau Leipzig 2006).
Als Teil des abschließenden Fahrzeugkorsos war Wagen 166 (GT4, Maschinenfabrik Esslingen 1962) im Einsatz.
Und zum Abschluss noch einmal der schöne Wagen 156.