Die Straßenbahn Liège im Testbetrieb: Wagen 5116 (Urbos 100, CAF 2021) an der Haltestelle Saint-Lambert im Stadtzentrum, im Hintergrund die Kirche Saint-André (19. April 2025).
Am 28. April 2025 hat die neue Straßenbahn Liège nach etlichen Verzögerungen den Betrieb aufgenommen. Damit hat eine jahrelange Bauphase mit Umleitungen und Verkehrsbehinderungen ihr Ende gefunden. Die Stadt mit ihren knapp 200.000 Einwohnern hat nun ein modernes und leistungsfähiges Nahverkehrssystem, nachdem die alte Straßenbahn 1968 stillgelegt worden war.
Die einzige Linie T1 führt von der Station Standard im Westen der Stadt über den Bahnhof Guillemins und das Stadtzentrum zum Place Coronmeuse. Ein Abzweig bedient das Messegelände Liège Expo, wo sich auch das Depot befindet. Im Stadtzentrum gibt es je Richtung eingleisige Abschnitte durch verschiedene Straßenzüge. Die 11,7 km lange Strecke ist nur teilweise mit 750 V DC elektrifiziert. Die oberleitungslosen Abschnitte beim Bahnhof Guillemins, in der Innenstadt und auf der Maasbrücke Pont Atlas werden im Batteriebetrieb überbrückt.
Wagen 5003 (Urbos 100, CAF 2021) kommt aus der Rue de la cité auf die Uferpromenade La Batte zu (19. Apeil 2025).
Während der morgendlichen Hauptverkehrszeit an Schultagen wird von 7 bis 9 Uhr ein 4,5-Minuten-Takt gefahren. Zischen 15.30 und 18.30 Uhr am Nachmittag fahren die Trams alle 5 Minuten, in der Zeit dazwischen alle 7,5 Minuten. In der Schwachlastzeit betragen die Intervalle 10 oder 15 Minuten.
Zum Einsatz kommen 20 siebenteilige Urbos 100 von CAF. Die Zweirichtungsfahrzeuge sind 45,41 m lang und 2,65 m breit und bieten 62 Sitzplätze bei einer Gesamtkapazität von 372 Fahrgästen. Betrieben wird die Straßenbahn Liège vom Opérateur de transport de Wallonie (OTW), der unter der Marke Transport en Commun (TEC) auftritt. Die Instandhaltung von Fahrzeugen und Infrastruktur erfolgt durch die Tram Liège Maintenance S.A., ein Tochterunternehmen von CAF und Colas Rail.
Zahlreiche Verzögerungen
Der Planfeststellungsbeschluss für die Straßenbahn Liège war bereits 2014 ergangen; die Eröffnung war damals für 2018 geplant. Ein Rechtsstreit um das Finanzierungsmodell des Baus sowie Bauverzögerungen durch die Covid-19-Pandemie und Schäden durch ein Hochwasser im Jahr 2021 zögerten die Inbetriebnahme immer weiter hinaus. Zuletzt war die Eröffnung um zwei Wochen verschoben worden, weil beim Probebetrieb unter anderem Probleme mit den Ampelschaltungen entdeckt worden waren.
Plan der Straßenbahn Liège (Wikimedia Commons/Enekorga, CC BY-SA 4.0)
Ursprünglich war geplant, die Strecke im Westen zum Bahnhof Jemeppe und im Osten zum Place Licourt zu erweitern. Doch diese Vorhaben wurden 2024 von der wallonischen Regionalregierung verworfen.
Die Strecke im Westen
Die Strecke beginnt beim Stadion des Fußballvereins Royal Standard Club de Liège im Südwesten der Stadt. Daher kommt der Name der Endhaltestelle Standard. Von hier verläuft sie parallel zur Bahnstrecke nach Namur an der Maas entlang.
Südlich der Haltestelle Général Leman unterquert die Tram die Eisenbahnstrecke Aachen – Liège, hier mit Wagen 5117 (Urbos 100, CAF 2021, 19. April 2025).
Nach rund 2,5 km werden die Gleisanlagen der Eisenbahnstrecke Aachen – Liège unterquert. Direkt im Anschluss erreicht die Tram die Haltestelle Général Leman.
Die Haltestelle Général Leman war Mitte April 2025 noch nicht ganz fertiggestellt (19. April 2025).
Diese ist so angelegt, dass an zwei Richtungsbahnsteigen jeweils außen Trams und innen Busse halten. Hier beginnt zudem der erste der drei oberleitungslosen Abschnitte.
Wagen 5104 (Urbos 100, CAF 2021) biegt aus der Rue Varin in die Haltestelle Général Leman ein (19. April 2025).
Vom Bahnhof Guillemins bis Saint-Lambert
Wagen 5119 (Urbos 100, CAF 2021) an der Haltestelle Gare de Guillemins mit dem 2009 nach Pänen von Santiago Calatrava erbauten Empfangsgebäude (21. April 2025).
Am Bahnhof Guillemins, dem Hauptbahnhof der Stadt, hat die Straßenbahn eine Haltestelle auf dem Vorplatz.
Wagen 5102 (Urbos 100, CAF 2025) passiert das Nationaldenkmal des Widerstands gegen den Faschismus am Parc d’Avroy (19. April 2025).
Ab der Haltestelle Blonden wird wieder mit Fahrdraht gefahren. Die Strecke passiert den Parc d’Avroy mit dem Nationaldenkmal des Widerstands und dessen imposanten Skulpturen. Daraufhin beschreibt sie entlang dem Boulevard de la Sauvenière einen Rechtsbogen, um sodann die Haltestelle Opéra zu erreichen.
An der Haltestelle Opéra beginnt einer der oberleitungslosen Abschnitte, hier mit Wagen 5104 (Urbos 100, CAF 2021, 19. April 2025).
Dort endet die Oberleitung abermals.
Haltestelle Opéra mit der Basilika Saint-Martin im Hintergrund (5109, Urbos 100, CAF 2021, 19. April 2025).
Kurz darauf, an der zentralen Haltestelle Saint-Lambert, trennen sich die beiden eingleisigen Streckenäste.
Der Ast entlang der Maas
Wagen 5120 (Urbos 100, CAF 2021) hat die Haltestelle La Batte am Ufer der Maas erreicht (19. April 2025).
Trams in Richtung Liège Expo und Place Coronmeuse benutzen den Ast, der zunächst durch die Rue Léopold und die Rue de la Cité führt, um dann die Uferpromenade La Batte zu erreichen.
Die eingleisige Strecke entlang der Uferpromenade La Batte wird während während des dortigen Markts nicht befahren. Auch die Trams in Richtung Bahnhof Guillemins benutzen dann die Parallelstrecke durch die Féronstrée (5109, Urbos 100, CAF 2021, 19. April 2025).
Auf dieser Promenade findet sonntags der Marché de la Batte, ein Wochen- und Antikmarkt statt. Währenddessen wird in beiden Richtungen die parallele Strecke durch die Féronstrée benutzt.
Der Ast durch die Féronstrée
Die eingleisige Strecke auf der Innenstadtstraße Féronstrée wird normalerweise nur von Trams in Richtung Standard benutzt, hier mit Wagen 5102 (Urbos 100, CAF 2021, 19. April 2025).
In Fahrtrichtung Gare de Guillemins und weiter zur Endstation Standard benutzen die Trams die Strecke durch die teils recht schmale Fußgängerzone Féronstrée.
An der Haltestelle Féronstrée befindet sich eine Ausweiche, die jedoch nur benutzt wird, wenn der Streckenabschnitt in beiden Richtungen benutzt wird, hier mit Wagen 5118 (Urbos 100, CAF 2021, 19. April 2025).
An der gleichnamigen Haltetstelle befindet sich eine Ausweiche. Diese wird jedoch nur dann benutzt, wenn der parallele Ast entlang der Maas wegen des Markts nicht befahren werden kann. Interessanterweise benutzen die Tram hier im Regelbetrieb das linke Gleis, obwohl eigentlich rechts gefahren wird.
Die Haltestelle Pont Maghin am östlichen Ende des eingleisigen Abschnitts in der Féronstrée ist zweigleisig angelegt, hier mit Wagen 5116 (Urbos 100, CAF 2021, 19. April 2025).
Kurz vor der Vereinigung der beiden Streckenäste befindet sich die Haltestelle Pont Maghin. Diese ist bereits zweigleisig angelegt. Hier beginnt zudem wieder der Fahrdraht.
Die Strecke im Osten
Wagen 5107 (Urbos 100, CAF 2021) am Quai St Léonard (19. April 2025)
Verein geht es nun unter Fahrdraht am Ufer der Maas entlang.
Wagen 5113 (Urbos 100, CAF 2021) am Quai de Coronmeuse (19. April 2025)
An der Pont Atlas gabelt sich die Strecke in die beiden Äste zum Place Coronmeuse und über die Brücke zur Endstation Liège Expo, wo sich das Depot befindet. Auf der Brücke wurde ebenfalls auf Fahrdraht verzichtet.